Nervosität hat einen neuen Namen: Lena am Start zu Paris-Brest-Paris 2019. Im ersten Teil meiner PBP-Reise ging es um die Anreise, letzte Vorbereitungen, die kribbelnde Luft in Rambouillet und die Zeit bis zum Start. Ich konnte kaum ertragen den 90h-Startern zuzugucken, wollte ich doch auch endlich los! Und nun war es soweit!
Der Start: 1,5 Jahre Wartezeit gehen vorbei!
Wow! Ich kam mir vor wie in einem Traum. Den meisten, die mich vorher gefragt hatte, ob was mein Ziel für Paris-Brest-Paris wäre, habe ich gesagt: Hinkommen… Wenn alles klappt, stehe ich am Start. So viele Puzzleteile mussten zusammen kommen! Anmeldung musste klappen, alle 4 Qualifikations-Brevets mussten absolviert sein, ich musste gesund bleiben, das Rad musste fit bleiben und so weiter und so fort.
Alle Puzzleteile sind zusammengepuzzelt!
Es geht los! Simon und ich rollen durch das Startzelt zum Startbogen und dann mit Motorradeskorte aus dem Ort raus in die dunkle Nacht. Trotz unserer Statzeit von 05:15 ist es stockdunkel. Wir rollen in unserer Startgruppe von ca. 200 Radlern durch den Wald von Rambouillet und in die Nacht hinaus. Räder um mich herum surren, helle Lampen erleuchten den Asphalt und alle sitzen gespannt auf ihren Rädern. Wir sind wirklich hier und fahren nach Brest…und zurück…
Sonnenaufgang I – Die (Tor-)Tour Paris-Brest-Paris beginnt
Wir haben den folgenden Plan: Losrollen, den ersten Tag Rad fahren und bis Tinteniac (KM360) kommen. Dort wartet Timon mit dem WoMo an der Kontrolle und wir können uns kurz erfrischen. Das ist unser Basecamp und von dort fahren wir nach Brest und wieder zurück für den zweiten Stopover im Basecamp (KM870). Die dritte Etappe ist dann vom Basecamp Retoure, „nur noch“ 350km. Nach wie vor planen wir nachts zu schlafen und eine Art Tages-Nacht-Rhythmus beizubehalten. So der Plan für Paris-Brest-Paris…
Uns erwartet ein toller Sonnenaufgang und eine trockene Straße. Die letzten 36h Dauerregen sind abgezogen und es ist kein neuer Regen in Sicht. Das ist perfekt! Es rollt sich gut, ich genieße die Landschaft, die Dörfer, die wir passieren haben sich herausgeputzt und empfangen die Horde Radler mit Begeisterung. Trotz früher Stunde stehen einige an der Straße und wünschen
Bonne Route und Bonne Courage!
Erste Station ist Mortagne-au-Perche (KM118)
auf dem Hinweg nach Brest „nur“ Verpflegungspunkt, ich brauche also nicht zu stempeln, und wir machen eine kurze Pause im Schatten und knabbern unser mitgebrachten Baguettes mit Käse weg. Erste Etappe lief gut, noch in einer Gruppe ist das Tempo zügig und wir kommen gut voran. Mittlerweile ist es vormittag und die Sonne verspricht einen warmen Tag!
Meist ist Westwind in Nordeuropa, vor allem bei Paris-Brest-Paris
So auch an diesem Montag Mittag. Vorwiegend geht es direkt nach Westen und der Wind kommt vorwiegend direkt von vorne. Nicht zu viel, aber geschätze 3 Windstärken plus Fahrtwind machen doch etwas mürbe mit der Zeit. Immer Wind von vorne. Nach wie vor sind um uns herum weitere Radler, sodass wir immer wieder etws Windschatten haben. Aber meist nicht lange. Manch ein MItfahrer scheint etwas überrascht, dass so „Sturm“ wäre… Sturm ist doch erst wenn die Schafe keine Locken mehr haben!
Trotzdem brauchen auch wir eine kleine Pause vom Wind und stoppen vor einer Hecke im Windschatten. Kurz mal kein Wind im Gesicht ist schon ganz gut.
Die offene Strecke bietet wenig Schutz vor dem Wind und darüber hinaus: Es geht IMMMMMMER hoch oder runter. Bisher war quasi kein Meter der Strecke zwischen Paris-Brest-Paris eben. Entweder eine große Welle rauf oder eine große Welle runter. Landschaftlich sehr schön diese geschwungene Hügellandschaft… Meist ist der Asphalt typisch französisch rauh mit großen gegossenen Steinen, sodass manchmal auch bergab getreten werden muss, damit ich nicht langsamer werde.
Villaines-la-Juhel (KM217)
An diese Kontrolle erinnere ich mich noch aus Paris-Brest-Paris 2011 als wir als Support hier unsere Jungs in Empfang genommen haben und den Abend im Dorf verbrachten. Ein tolles Dorf mit einer schönen Kirche vor der direkt die Kontrolle ist. Die Dorfstraße ist gesperrt und als Radparkplatz eingerichtet, Kontrolle, Essen und Schlafmöglichkeit sind rechts und links herum verteilt! Und weil das Dorf eher klein ist, die beinahe das ganze Dorf auf den Beinen und schaut zu.
Wir entscheiden uns für eine kurze Pause und stellen uns in der Schlage für Essen an. Es gibt Spaghetti mit Bolognese und einen Quark zum Nachtisch. Das Essen ist als kleines Buffet in der eigentlichen Schule aufgebaut, es gibt eine kleine Auswahl an Beilagen, Saußen etc. Bei den Getränken hat man die Wahl zwischen einer kleinen oder einer großen Flasche Rotwein. Ich wähle eine kalte Cola.
Fougeres (KM 306)
Alsbald geht es weiter auf diese lange Radfahrt. Weiterhin bergauf oder bergrunter. Bei fast jedem der „Anstiege“ freue ich mich, dass ich die 32er Kasette am Ruby habe und die Hügel gut rauf komme! Immer wieder geht es nun auch längere Zeit bergauf. Mal hier mal da, wir machen die eine oder andere Pause unterwegs, Zeit kurz die tolle Landschaft und das tolle Wetter zu genießen! Paris-Brest-Paris 2019 findet tatsächlich mit mir statt. Verstanden hab ich das immernoch nicht ganz…
Nun folgt der kleine Bildungspart des Blogs, es geht nach Fougeres! 1.000 Jahre alte Festungsstadt (größte Festung Europas), Tor zur Bretagne, Mittelalterliches Schloss auf 2ha und definitv einen Besuch wert! Auch ohne Fahrrad. Ich erhasche nur einen kurzen Blick auf die beeindruckende Festung, der Stadtverkehr fordert meine Konzentration und bergauf geht es mitten in der Stadt auch schon wieder.
Tinteniac (KM360)
Wir kommen langsam in den Abend, noch eine kurze Etappe bis zum Basecamp. Die kostet uns allerdings Zeit. Warum weiß ich gar nicht mehr. Rad läuft, Wetter ist trocken, Asphalt ist weiterhin mal rauh mal glatt und es geht weiterhin bergauf oder bergab. Langsam wird es dunkel und ich freue mich, dass ich dank Nabendynamo keine Gedanken an Batterieladestände verschwenden muss. Auf den Knopf dücken, 90 Lux Flutlicht an. Ferddich. Ich mag meine Lampe!
Endlich erreichen wir Timon und können uns kurz erfrischen (neue Hose ist wunderbar!) und ein paar Minuten ausruhen. Ich bin ziemlich kaputt und auch überrascht, dass es IMMER bergauf oder bergab geht und zweifle, dass ich die ganze Nummer schaffe. Da ich diese Frage ohnehin jetzt nicht beantworten kann, konzentriere ich mich auf das Wesentliche: Frisch machen, ausruhen, Essen, Vorräte aus Rad packen. Timon unterstützt uns super! Eine kurze Auszeit!
In Teil drei von vier geht es dann weiter bis nach Brest und wieder nach Tinteniac. Dazwischen liegt eine Nacht und viele Kilometer… Teil 3 ist fertig…