Rambouillet – Mekka der Langstreckenbekloppten

Ruby direkt nach dem Bikecheck
Ruby ist fertig für ihren großen Auftritt

Uhhlala, es geht los nach Frankreich, genauer gesagt nach Rambouillet! Paris-Brest-Paris steht endlich vor der Tür und wir machen uns am Freitag nachmittag mit den gepackten Sachen auf den Weg.

Letzte Vorbereitungen

Mein Ruby ist frisch aus der Inspektion, ein neues Innenlager, neue Kette und eine bergtaugliche Kasette sind nun drauf. Warum ich mich über die Kasette noch sehr freuen werde, gibt´s im ersten Bericht von der Strecke zu lesen. Aber nun zunächst die Anreise. Sachen sind gepackt, Packliste ist gecheckt und bei bewölktem Himmel geht es los gen Paris!

Anreise nach Rambouillet

Über Bremen, Münster, Marl, Duisburg, Venlo, Lüttich, Charleroi und Compiegne kommt Paris ist Sicht. Wir manövieren uns zu später Stunde durch die Pariser Peripherique und den abendlichen Verkehr. Das erste Abenteuer! Über die Seine verlassen wir die Peripherique alsbald wieder weiter Richtung Südwesten, denn wir wollen bis nach Rambouillet.

50km vor dem Eifelturm liegt Rambouillet, der diesjährige Startort von PBP. Ein geschichtsträchtiger Ort, auch ohne PBP. Hatten doch Ludwig XVI und Napoleon im Schloss von Rambouillet seine Nebenresidenz. Außerdem war Rambouillet Startort der letzten Etappe der TourdeFrance 2019. Das Schloss liegt inmitten eines großzügigen Parks und an einem riesigen Waldgebiet. Und das Beste: Der Schlosspark ist das PBP-Gelände!
Da wir zu später Stunde in Rambouillet ankommen, verschlägt es uns zunächst auf den örtlichen WoMo Stellplatz am Ortsrand.
Erledigt fallen wir uns Bett und schlafen eine halbe Ewigkeit. Am nächsten Morgen (sowie in den darauf folgenden 30h begrüsst und Nieselregen & echter Regen). Fast wie zuhause.

Die Bergerie Nationale in Rambouillet erwartet und mit Regen
Die Bergerie Nationale in Rambouillet ist 30 Stunden in Regen gehüllt

Die ganze Stadt ist aufgeregt

Wir erkunden also erstmal den Ort, erledigen unsere letzten Einkäufe und suchen uns im Schlosspark einen Stellplatz. Wir stehen quasi an der „Hauptstrasse“ im Schlosspark auf dem Weg zum Bikecheck und Start/Zielort. An unserem WoMo ziehen den ganzen Tag Horden von Radlern vorbei, wir können uns an all den Nationen, Rädern und Aufmachungen der Bikes gar nicht sattsehen. Die Spannung steigt. Bikecheck ist für mich erst am Sonntag und so verbummeln wir den Samstag in Rambouillet bei lecker Croissant, Crepes und Cafe au lait.

Das eher kleine Städtchen ist geflutet mit Rädern, überall gibt es tolle Bikes und spanndende Setups zu sehen. Viele schicke Bikes aus Titan und einige abenteuerliche selbstgeschweisste Stahlrahmen. Kein Bike gleicht dem nächsten und jeder ist auf der Suche nach dem perfekten Setup für sich selbst!

Frankreich ohne Crepes kann nicht sein
Gute Crepes und Gallettes gibt es im Rambouillet

Get your Bike ready!

Wir machen schon mal unsere Räder fertig. Taschen dran, Einpacken, Riegel einpacken, Beleuchtung checken. Wir genießen das bunte Treiben vor unserem WoMo und gucken gespannt zu. Es regnet seit 24h und die Vorhersage verspricht, dass es erst Sonntag Mittag aufhört. Zum Start am Montag morgen sollte es also trocken sein! Sollte! Meine Packliste habe ich mehrfach geprüft, ich habe alles dabei! Einiges habe ich wieder ausgepackt, zuviel will ich ja auch nicht mitschleppen.

Wir machen eine kleine letzte Testrunde mit den Rädern, bummelige 33km in die Umgebung von Rambouillet. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Strecke und Teil der letzten TourdeFrance Etappe nach Paris.

Last Call: Bikecheck!

Sonntag geht´s dann mit den Rädern zum Bikecheck. Beleuchtung, Bremsen, alles sicher befestigt und ab dafür! Ich bekomme meine Rahmennummer mit dem Zeitmesschip und eine Nummer für die Fotos. Dazu gibt´s die obligatorischen Sicherheitsweste und ein Trikot, das ich dazu bestellt habe.

Ich bin fertig!

Nicht nur tatsächlich, sondern auch mit den Nerven. Ich bin so aufgeregt, dass ich es kaum ertragen kann, die 90h Starter auf die Strecken gehen zu sehen! Diese rollen ab Sonntag nachmittag zum Start und dann auf die Strecke.

Ich will auch los!

Zweifel an meiner Strategie machen sich breit. War es richtig die 84h-Gruppe zu wählen? Kann ich die zusätzlichen Stunden Schlaf bis zum Start am Montag morgen wirklich gebrauchen oder vor Aufregung nicht schlafen? Schaffe ich die Kontrollzeiten? Habe ich alles dabei?

Nachdem ich alle potenziellen Fragen 100 mal durchdacht habe, beschließe ich, dass es nun auch egal ist. Die Startzeit steht.

Ruby direkt nach dem Bikecheck
Ruby ist fertig für ihren großen Auftritt

Mentale Strategie?

Diverse Vorbereitungskilometer stecken in meinen Beinen, weniger Höhenmeter als ich erhofft hatte aber mehr Streckenkilometer als ich je zusammengeradelt hab. Körperlich fühle ich mich fit. Die Strecke habe ich mir ebenfalls angeschaut, nicht nur, dass es durch die schöne Bretagne geht, sondern auch, dass die Strecke meist auf kleinen Straßen verläuft. Scenic View ist also vorprogrammiert.
Wie will ich die Strecke mental angehen? Eigentlich haben wir den Plan, drei mal 400km zu fahren und dazwischen zu schlafen. Wie dieser Plan aufgeht, später mehr dazu.
Ich weißt vom 600er Brevet, dass ich 600km mit wenigen Schlafpausen, also keiner, und 2 Powernaps übersstehen kann. Ich will also zunächst mal bis Brest kommen.

Wenn ich die Hälfte schaffe, werde ich es irgendwie auch zurück schaffen!

Die gesamte Strecke ist in 15 einzelne Abschnitt unterteilt. Meist zwischen 70 und 90 Kilometer. Einige Orte sind nur Verpflegungsstationen, einige sind Kontrollpunkte mit Stempeln. Die dazwischenliegenden Kilometer teilen sich eher gleichmäßig die Gesamthöhenmeter. In Summe kommt die Strecke auf knapp 12.000 Höhenmeter. Mehr oder minder gleichmäßg verteilt. Vor Brest geht ein länger hoch über die Monts d´Arrée auf den Roc´h ruz (385m ü NN). Und wieder hinab. der Rest der Strecke ist wellig. Und zwar überall. Irgendwo stand die Angabe mit 385 Anstiegen auf den 1224km. Beudetet, dass zwischen den Anstiegen jeweils ca. 3 Kilometer liegen. Ergo 1,5 km rauf, 1,5km runter. Und das ganze 1224km lang. Das konnte ja was werden! Und noch ein Bonbon: meist ist der französische Asphalt so rauh und grobkörnig, dass man auch bergab treten darf.

Zum Glück blendete ich die meisten dieser Tatsachen vorab aus. An der Strecke konnte ich ohnehin nichts ändern. Nun war ich in Rambouillet und würde Paris-Brest-Paris fahren. Ich konnte es selbst nicht glauben.

6300 Starter – 6300 Geschichten

Es gingen gut 6300 Menschen aus 66 Nationen an den Start und jeder und jedem einzelnen Starter war anzusehen, dass der Weg bis hierher ein langer war. Voll intensiver Vorbereitungen war und viele Optionen der Strecke, Ausrüstung, Verpflegung etc. hin und her überöegt worden waren. Nun nun stehen wir in Rambouillet.

Ein Inder in der 90h Startgruppe war noch nich vorher an einem Flughafen, hatte noch nie den eigenen Kontinent verlassen. Er steht nun mit seinem Rad auf einem fremden Kontinent, dessen Schrift er vielleicht nicht lesen kann und dessen Sprache er nicht spricht. Unf will am ältesten Langstrecken-Radsportevent der Wel teilnehmen. Seine ganze Familie hat ihn zum Busbahnhof begleitet und Energieriegel gebacken. Wie aufgeregt muss er erst sein?! Das ist Paris-Brest-Paris!

In Rambouillet warten wir den Regen ab
Im WoMo (oder davor) lässt es sich gut aushalten, bis der Regen aufhört

Mein Setup steht und im nächsten Blog geht es endlich los!

Dort findet ihr den ersten Teil der Strecke von Rambouillet bis nach Tinteniac (KM360), das sind die ersten 360km von Rambouillet über Mortagne-au-Perche (Keine Kontrolle auf dem Hinweg), Villaines-la-Juhel (KM217) und Fougeres (KM 306). Welche pikanten Überraschungen die Bretagne hier für mich bereits hält, gibts dort zu lesen!

Ich kann am Start nur eins denken:

Alta! Ich mache das wirklich!

In Echt!

 

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