200km Brevet in Kiel – Langstrecke mit dem Rennrad im März

Tankstellenstop beim 200km Brevet in Kiel
Simon, Timon und Lena beim ersten Stopp beim Brevet in einer Tankstelle

Hast du das wirklich gemacht?

Ja, hab ich.

Scheißwetter ? Ideale Zeit um Brevet zu fahren. Was für´n Ding? BREVET? Ist Französisch und bedeutet so viel wie Prüfung. Im Grunde genommen geht es darum eine gewisse Strecke (zu Auswahl stehen 200km, 300km, 400km, 600km, 1000km, 1200km und 1400km) aus eigener Kraft in einer vorgegebenen Zeit zu absolvieren.

Wie kommt man dazu im März 200km Rennrad zu fahren?

Da ich einige noch beklopptere Freunde habe (und bekloppt ist in diesem Zusammenhang sehr liebevoll gemeint) kam ich vor einigen Jahren in die Versuchung doch auch mal eine längere Strecke im rahmen eines Brevet zu fahren. Gesagt, getan und nun bin ich im März 2016 nun schon zum 4. Mal im Frühjahr auf die erste lange Strecke des Jahres in Kiel gestartet.

Die Deutschen Langstrecken Radfahrer sind unter dem Dach der Audax Randonneure Allemagne organisiert und bieten verschiedene Termine für Brevets recht zeitig im Jahr an. Ich habe mich für den ersten Ritt im Jahr am 05.März in Kiel entschieden. Mit von der Partie waren Timon und Simon aus Hamburg, sowie Fabian aus Hannover.

Der Tag verlief wie folgt:

Start ist um 8:00 in Kiel, also hieß es zeitig aufstehen, der Wecker klingelte um 5:00. *gähn* Fix aufgestanden, Brötchen geschmiert, Kaffee gemacht, Rad und Klamotten geschnappt und um 6:15 ging´s auch schon ab nach Kiel. Wir waren fix unterwegs, aber die Baustellen auf der A7 kosteten doch einige Geduld, sodass wir um 7:40 vor Ort in Kiel am Startort waren. Schnell die letzten Dinge am Rad montiert, Luftdruck gecheckt, Stempelkarte (ganz wichtig!) eingesteckt und um 8:00 ließ uns der Orga-Chef Stephan auf die Strasse.

Bei einem Brevet wird die Strecke erst kurz zuvor, circa 3-4 Tage vorher bekannt gegeben und diesmal ging es an der Schlei entlang. Zunächst geht es von Kiel aus Richtung Eckernförde, die erste Kontrolle ist dann in Rieseby, von dort aus geht es weiter an der Schlei entlang Richtung Kappeln, dort gibt es den zweiten Stempel, dann zurück an der Schlei auf der anderen Seite nach Schleswig, dort ist Kontrolle Nummer drei und dann hinauf auf den Aschberg zur vierten Kontrolle, und wieder zurück gen Kiel, dort sind dann Kontrolle Nummer fünf und das Ziel.

Aber der Reihe nach. Der Anfang.

Die Gruppe fuhr zügig los, aber nicht so fix, dass man hinterherhecheln musste und so ging es in kleiner Gemeinschaft hinaus aus Kiel an der Förde entlang. Die ersten 50km unseres 200km Brevet vergingen wirklich schnell, denn als ich das erste mal bewusst auf den Tacho schaute, waren es schon knapp 50km, die wir absolviert hatten.

Es lief also!

Ich war froh, dass ich meine neuen wind- und wasserdichten Überschuhe angezogen hatte und noch das zweite Langarmtrikot, denn es war eher frisch. Wir hatten 2 Grad und gelegentlich leichten Niesel.

An der ersten Kontrolle verspeisten wir gierig unsere Cabanossi und gekochte Eier. Lecker! Kurze Pipi-Pause, Heft gestempelt und weiter ging es.

Auf nach Kappeln.

Tankstellenstop beim 200km Brevet in Kiel
Simon, Timon und Lena beim ersten Stopp beim Brevet in einer Tankstelle

Zweiter Abschnitt – es zieht sich…

Die Strecke zur zweiten Kontrolle zog sich leider ziemlich lang. Es ging permanent etwas hinauf oder hinab, wir haben wohl jede kleine Welle in der Landschaft auf einem Feldweg überfahren bis wir endlich Richtung Kappeln und über die Schlei waren.

Bisher hatten wir Rückenwind gehabt und ich befürchtete, dass wir nun auf dem Weg zurück an der Schlei den Wind von vorne hätten. Aber es kam anders. Wir haben uns an der zweiten Kontrolle des Brevets mit Kaffee, Kakao und einem Wunderbar wieder aufgewärmt, sodass wir rasch weiter kamen und uns auf den weg zurück an der Schlei nach Schleswig machten.

Dritter Abschnitt – Gegenwind?

Wider Erwarten hatte der Wind etwas gedreht, sodass wir immernoch ein kleines bisschen Rückenwind hatten und einigermaßen zügig km 70-120 fahren konnten. In Schleswig hatten wir (Timon, Simon und ich) ausgemacht, dass wir Mittagspause machen und was Warmes essen wollen. Das haben wir dann auch getan. Heilfroh haben wir uns erst den dritten Stempel an der Tanke abgeholt und sind dann verfroren und etwas nass (es waren immernoch 3 Grad und Niesel) zum Chinesen nebenan rein.

Dort habe wir einige Heizungen zum Trocknen der Klamotten okkupiert und das Gericht auf der Karte bestellt, welches am schnellsten ging. Es wurden Bratreis und Ente. Zum Abschluss gab´s noch einen Tee und den verwirrten Blick der Bedienung und Gäste am Nachbartisch als sie hörten, dass wir noch nach Kiel heute fahren wollen (oder müssen 😉 ).

Auf zum Aschberg!

Weitere Kilometer zogen sich in endlosen Mini-Hügeln durch die Landschaft, unsere Dreier-Gruppe gabelte immer mal wieder einen Mitfahrer auf, wir fuhren ein paar Kilometer zusammen und verloren uns dann wieder. Bis auf den ollen Hügel rauf. Lieber Stephan, uns da hinauf zu schicken, nur damit wir wieder hinab fahren, grenzt an Sadismus. Aber es war ganz schön!

Wir sind rauf gekrochen und waren froh, dass es dann wieder berab ging. Oben gabs in der Globetrotter-Lounge den vierten Stempel und ein Stück Kuchen, dass leider bezahlt werden musste nachdem es uns hungrigen Radlern angeboten wurde… Also wieder runter vom Aschberg, es rollte sich mit dem Kuchen dann doch ganz gut bergab, und Richtung Kiel zurück.

Ist es noch weit?

In einem ausgedehnten Bogen ging es über Rotenhahn, wo es den fünften Stempel gab dann zurück nach Kiel. es war mittlerweile circa 17:30 ich war in dem Glauben, dass es nun nicht mehr weit sei, und so starteten wir in einer größeren Gruppe von circa 8 Männern und 2 Frauen auf das letzte Teilstück. Es wurde gegen 18:00 ziemlich dunkel, aber wir hatten ja nur noch ein paar Kilometer vor uns, so circa 25… Ich war frohen Mutes bis nach Flintbek. Auf der Hauptstrasse eierte mein Hinterrad weg.

PLATT. Dunkel. Kalt. Fast im Ziel. Kacke. Nicht jetzt.

Der Schaden war halbwegs schnell behoben, so schnell wie man eben mit kalten Fingern bei 3 Grad ein Ventil abschrauben und den Reifen wechseln kann, aber wir waren dann auch nur noch zu dritt. Timon und ich und ein netter Mitfahrer, der eine super Pumpe hatte, die den Aufenthalt wesentlich verkürzte. Simon war vorne in der Gruppe gewesen und weiter gefahren.

Ja, es ist noch ein Stück!

Nun war es dann auch ganz dunkel und immernoch 18km zu fahren. Wir machten uns also wieder auf den Weg.

Timons Lampe hatte sich verabschiedet, die beleuchtet die Schleswig-Holsteinische Pampa irgendwo, und die Lampe unsere Mitfahrers beschränkte sich auf eine Mini-Stirn-Lampe. Hinten hatte er kein Licht. Wir fuhren also wie folgt: Ich fuhr vorne, denn ich hatte vorne Licht und wusste den Weg, der Mitfahrer fuhr in der Mitte, und Timon hinten, Rücklicht war nämlich noch da.

Es zog sich.

Kilometer um Kilometer des Brevet bis wir schlussendlich doch zur letzten sechsten Kontrolle in Kiel kamen und uns dankbar  den Stempel in unser Heft machen ließen. Kurz noch hinüber zum Auto, Karte abgeben. FERTIG.

Simon war schon ein paar Minuten da und freute sich ebenfalls, dass wir es geschafft hatten.

Es waren ein frostiger Brevet auf 204km bei durchgängigem Niesel-Regen-Kein Regen-Getröppel und wir sind zwar langsam aber gut durchgekommen! Nun freuen wir uns auf den Frühling und auf wärmeres Wetter, dann geht die Strecke auch besser.

Ich bin immer wieder freudig überrascht wie kollegial und freundlich die Mitfahrer untereinander sind und nicht zuletzt auch eine ganze Portion Stolz sagen zu können:

Ja, ich habe das wirklich gemacht.

 

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