Mit dem Gravelbike von Fehmarn nach Hamburg – Langstrecke im Winter

Gravelbike Fehmarn Hamburg Dahme Ostsee
Mit dem Gravelbike von Fehmarn nach Hamburg an der Ostsee in Dahme vorbei

Puh, immernoch Winter… immernoch kalt und nass… endet der Winter nie? Doch! Bald kommt der Frühling und dann wird wieder lange Rad gefahren. Und bis dahin? fahren wir einfach auch lange Rad! In diesem Fall mit dem Gravelbike von Fehmarn nach Hamburg an einem zumindest halb-sonnigen Tag und ganz windigen! Es wurden 171km mit mehrheitlich Gegenwind, mal schräng von vorne oder mal ganz von vorne.

Wie das so war und wie das überhaupt geht bei 4 Grad und Gegenwind so viele Kilometer zu machen, findet ihr in diesem Beitrag. Viel Vergnügen dabei.

Wo ging es lang – die Strecke

Die Strecke würde ich als die klassische Winter-Kompromissstrecke beschreiben. Ich hatte im Wesentlichen zwei Abschnitte, denn der Rest der kleine  Reisegruppe, die den langen Winterfahrten fröhnt, kam aus Hamburg und fuhr über Preetz in einem Bogen nach Neustadt in Holstein und über Ahrensbök gen Ahrensburg. Ich startete auf Fehmarn und wir verabredeten uns zum Treff in Neustadt um von dort gemmeinsam zurück nach Hamburg zu fahren. Bei der Radauswahl entschied ich mich für das Gravelbike und 45er Reifen und plante ein paar Passagen Schotter ein, denn da ist bekanntlich die Aussicht auf die Ostsee am besten. Wer erstmal über lange Strecke mit dem Rennrad lesen möchte, kann dies hier tun.

Der erste Abschnitt war demnach ein Kompromiss aus „zügig nach Neustadt“ und „auch ein bisschen schön“. Das sind die ersten 70km, danach folgten 85km auf dem Track bis Ahrensburg und dann die mühsamen letzten 15km von Ahrensburg bis nach Hamburg rein.

Aber zunächst zum schönen Teil – sonniger Gravel an der Ostsee

Von Fehmarn führt nur ein Weg und der geht über die Fehmarnsund Brücke. Die kam also als erstes. Strahlender Sonnenschein und delikater Gegenwind begrüßte mich schon auf der Insel und kurz hinter Burg dachte ich, dass das heute gar nix wird. Mit 16km/h in der Ebene schleppte ich mich mit 150er Puls gegen den Wind. Das konnte ja ein lustiger Tag werden…

Gravelbike Fehmarn Hamburg
Wer mit dem Gravelbike von Fehmarn nach Hamburg will, muss über die Fehmarnsund Brücke

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich die Brücke, rauf, Ausblick runter. Bedingt durch die Baustelle auf der Brücke ist der Ausblick so mittel und es war mir auch ein wenig zu windig für einen langen Aussichts-Stop. Zügig als wieder runter.

Hinter Großenbrode und Lütjenbrode folgt der erste schöne Hügel, rauf zu den Meereswelten, ein ordentlicher Hügel zum Warmwerden. Mir war allerdings schon warm. Dann geht es links ab, ein kleines Stück auf der Bäderstraße und dann nochmal links durch das schönes Ostholstein.

Hinter Löhrstorf geht es gefüht ewig geradeaus bis Siggen und die Sonne schien wie im Frühling. Als nächstes kam Süssau und das Gravelbike schnurrte auf dem Asphalt. Ein guter Tag. Der Wind blieb. Es ging nochmal links ab an die Ostsee runter. 1. Reihe am Wasser lang, ein phantastischer Radweg, der im Februar menschenleer war. Vermutlich ein Alptraum im August… Aber immerhin war ja Februar und ich hatte das Gravelbike dabei. Also ab auf den Schotter und den rauf auf den Deich bei Kellenhusen.

Gravelbike Fehmarn Hamburg Dahme Ostsee
Mit dem Gravelbike von Fehmarn nach Hamburg an der Ostsee in Dahme vorbei

Top Idee, auf dem Deich kommt der Wind dann direkt von vorn!

Es überholte mich eine ältere Dame auf einem E-City-Bike. Ich zweifelte an meiner Idee und überlegte, dass in Neustadt ja auch eine Bahn zurück auf die Insel fuhr. Oder einfach umzukehren, dann hätte ich nämlich Rückenwind. Ordentlichen.

Aber so käme ich eben nicht in Hamburg an, was auch doof wäre. Der Deich endete irgendwann, Grömitz hatte ich erreicht. JUHU!

Es folgte das einzig nervige Stück der Strecke. An der Bundesstraße von Grömitz nach Bliesdorf. Hier gibt es irgendwie keine Alternative, die nicht mindestens 5-10km zur Strecke addiert. Immerhin gibt es einen breiten Radstreifen, ich versuchte mich nicht von Autos und Wind irritieren zu lassen und so vergingen die paar Kilometer bis Bliesdorf auch. Über Brodau und Rettin ging es an Pelzerhaken vorbei nach Neustadt rein. Geschafft!

Bei Klüvers Brauhaus gönnte ich mir eine Portion Fish & Chips, die mir die nächsten 60km schwer im Magen lag…

Der Rest der Reisegruppe erreichte ebenfalls Neustadt und wir rollten gemeinsam aus Neustadt raus. Wenn Neustadt nicht zwecks Verpflegungsstop sein muss, kann man auch gut einen Bogen drum fahren, denn so mussten wir auf der Bundesstraße aus dem Ort wieder raus. Der Himmel zog sich zu, die Sonne für den Tag war aufgebraucht. Schade!

Aber bitte kein Regen jetzt!

In Oevelgönne vor Süsel ging es von der Bundesstraße über den Hof Altona Richtung Pönitzer See. Das ist auch eine schöne Ecke. Der bedeckte Himmel machte einen Anlauf Nieselregen zu werden. Ich drücke uns die Daumen, dass das nur ein kurzes Intermezzo war. Und so war es. Immerhin hörte der Niesel wieder auf. Hände und Füße waren mal warm, mal kalt. Bewegte ich sie fleißig, wurden sie warm, pedalierte ich etwas eintönig rum, wurden sie kalt. Ein wenig Anstrengung nach Klingberg (nicht der Klingberg bei Sülfeld!) kam da ganz gelegen.

GravelbikeFehmarnHamburg Ostholstein Gut Brodau
Mit dem Gravelbike von Fehmarn nach Hamburg führt auch auf Gut Brodau vorbei

Und es kam noch ein wärmender Hügel, der Pariner Berg! Juhu! Rauf auf ganze 78m üNN. WOW! Von dort „oben“ hat man einen schönen Ausblick auf Lübeck und seine Kirchtürme. Wenn es nicht so diesig wäre wie heute.

Wir schlängelten uns weiter durch die Landschaft. Und pünktlich hinter Heilshoop kam der nächste Hügel. Eigentlich geht es den immer runter, nach Heilshoop zum Kuchen. Nicht so heute. Heute ging es hoch, rauf auf den Hügel! Puh!

Hinter Heilshoop zog sich die Strecke wie Kaugummi…Waren wir hier nicht schon? Und wann kommt eigentlich Bad Oldesloe? Und wann gibt´s was zu essen? Ah, endlich Bad Oldesloe, ein Penny versprach neue Energie. Es war mittlerweile 17:30 und das war es dann auch mit dem Tageslicht.

Aber: ich war bis Bad Oldesloe gekommen. Der Garmin der Mitfahrer meldete eine Wetterwarnung. Es sollte also windig bleiben. So windig, dass das eine Warnung wert war… Nunja… Aber jetzt Bahn fahren, wäre auch doof. Auf nach Ahrensburg!

Gravelbike Fehmarn Hamburg
Mit dem Gravelbike von Fehmarn nach Hamburg an der Ostsee und Kellenhusen entlang

Es folgten weitere 40km. Davon 25km bis nach Ahrensburg in gefühlter Nacht, immerhin war es stockdunkel. Und 18:30 ;-).

In Ahrensburg prüfte ich kurz, ob ich nicht jetzt doch mit der U-Bahn nach Hause fahren könnte… Wäre aber auch albern, immerhin regnete es nicht und meine Beine waren auch noch ganz gut. Weiter ging es also. Durch die Nacht nach Hamburg rein, auf einem Samstag Abend immerhin mit wenig Verkehr.

Wie viel Vorbereitung und Training ist nötig?

Hm, an dieser Frage scheiden sich ja immer die Geister. Die einen meinen „Mehr ist mehr, rauf auf die Rolle!“, die anderen meinen „Egal! Hauptsache aufs Rad, der Rest ergibt sich.“. Ich gehöre wohl eher zur zweiten Fraktion, denn meine letzte ernsthaft längere Strecke (über 100km) bin ich vor circa 5 Monaten gefahren. Nunja, seitdem bin ich eher gegravelt, durch die Gegend gegondelt, habe mit im Kitesurfen versucht (ganz gut sogar) und war auch mal krank oder verletzt.

Wieviel Training also erforderlich ist, scheint unterschiedlich zu sein. Im Winter hagelt es ohnehin keine neuen Bestzeiten und die sind mir ja auch meist egal. Mein Anspruch an Radfahren ist draussen zu sein, den Tag zu genießen, ein gutes Stück Kuchen zu finden oder einfach nur zu radeln. Dafür braucht es nicht die Menge an Training wie für den nächsten persönlichen Rekord. Wer natürlich seine eigenen Bestzeiten zersägen will, kommt wohl um einen strukturierten Trainingsplan nicht herum.

Und welche Vorbereitung braucht eine Langstrecke mit dem Gravelbike im Winter?

Hier gibt es im Grunde genommen eine kurze Antwort: Die gleiche wie eine Langstrecke mit dem Gravelbike im Sommer. Die Bekleidung ist vielleicht eine andere und ein wenig mehr Essen einzupacken, schadet nicht. Darüber hinaus braucht es aber nicht so viel mehr. Hier ein kleiner Überblick, was ich mitgenommen habe.

  • Verpflegung:
    • Getränke, am besten warm, isotonisch oder mit Elektrolyten, trotz Kälte ist der Verlust an Flüssigkeit enorm
    • 3-4 Müsliriegel, Proteinriegel – Energie in Riegelform
    • Brötchen oder Gebäck vom Bäcker
    • Pause mit „richtigem“ Essen
  • Das Gravelbike
    • sollte technisch ok sein
    • Bremsbeläge ok?
    • Reifendruck an Strecke anpassen (ich hatte viel Asphalt, daher eher 4 als 2 bar.)
    • Beleuchtung? Aufgeladen?
    • Schlauch, Reifenheber, Pumpe, Multitool & Patches dabei?
  • Bekleidung
    • WinterRadSchuhe! Überschuhe o.ä. halten nie so warm wie ein geschlossener Winterschuh
    • lange Radhose mit Trägern und hoch geschlossen, hält Bauch und Rücken warm
    • Überhose, ich hatte eine Shorts aus dem MTB-Bereich drüber, halt den Popo gut warm
    • Langarm-Baselayer
    • Thermojacke/Softshelljacke
    • Windweste
    • Eingepackt: Windjacke (geht auch für kleinen Schauer und wenn die Sonne weg ist)
    • dicke winddichte Handschuhe und ein 2. Paar in Reserve
    • Mütze/Halstuch/Schlauchschal
    • Kleingeld, EC-Karte, Krankenkassenkarte, Allergieausweis, Personalausweis, Impfnachweis runden das Paket ab.

Darüber hinaus macht ein wenig Vorbereitung der Strecke Sinn. Wichtig dabei ist, die Strecke ungefähr zu kennen. Wo geht es rauf, wo runter, wie ist die Gegend so? Welches sind Optionen auszusteigen, wo sind Bahnhöfe oder Optionen abzukürzen? Wo gibt es Essen (Öffnungszeiten!), Supermarkt oder eine warme Sitzgelegenheit?

Wer sich so auf die Langstrecke mit dem Gravelbike vorbereitet hat, wird mit Sicherheit eine gute Radfahrt erleben und der Rest ergibt sich unterwegs. Es ist ja immerhin nur ein Hobby und ein bisschen Unverhersehbares gehört dazu!

Und nun raus da, das Abenteuer wartet!

Ob nun mit dem Gravelbike, dem Rennrad oder dem Crosser eigentlich ist das Rad fast egal. Ein geländegängiges Rad öffnet mehr Optionen für die Strecke weil sich manch unschönes Stück befahrene Straße durch einen Wanderweg vielleicht abkürzen lässt. Dafür geht es meist nicht so zügig voran. Ich sitze sehr gerne auf dem Gravelbike im Winter oder im Sommer, weil die Optionen so groß sind. Schotteriger Feldweg in Kombination mit rasanter Abfahrt, geht eben trotzdem!

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