Rennradfahren im Winter – Ratgeber zur richtigen Bekleidung
Rennrad, Gravel oder Cyclocrossfahren im Winter? Geht das überhaupt? Dir graut vor einem Winter auf der Rolle im heimischen Wohnzimmer oder kalten Füßen und Händen auf dem Rad draußen? Dann findest du in diesem Beitrag ein paar Tipps wie Hände, Füße und der Rest möglichst lange warm bleibt.
Ich bin im Winter sehr gerne draußen und die anstehenden Cyclocrossevents und matschigen Touren versprechen großen Spaß, allerdings nur mit der richtigen Bekleidung.
Der Überblick:
- Baselayer – Das „Untendrunter“
- 2. Lage – Das „Mittlere“
- 3. Lage – Das „Obendrüber“
- Und wenn es regnet?
- Sensibel: Hände, Füße und der Popo
Baselayer – Das „Untendrunter“
Die erste und vermutlich wichtigste Schicht ist die dies „Untendrunter. In Sachen „Hose“ gilt das gleiche wie im Sommer auch:
…unter die Hose kommt: NIX.
Die wärmere Winterhose gleicht das aus! Obenrum hat sich bei mir ein Kurz- oder Langarm-Merino-Unterhemd bewährt. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt geht wahlweise auch eine Kombi aus Kurzarm unten drunter und ein Langarmunterhemd darüber, aber man wird doch erstaunlich schnell zu warm! Daher trage ich auch bei Temperaturen bis -12Grad nur ein Unterhemd, unter Nullgrad aber gerne mit langem Arm. Unter -12 Grad Celsius besser drinnen bleiben…
Also, auch im Winter ist weniger mehr, mir reicht meist ein Sport-BH und Unterhemd. Durch die körperliche Erwärmung entsteht sonst gleich ein „Schwitzzelt„. Also: Baselayer in einer wärmeren Variante wählen, langen Arm wählen, Turtle-Neck oder Rollkragen. Alternativ gehen auch Armlinge als langer Ärmel, diese sollten jedoch nicht rutschen.
Update:
Im Test: Beheizte Unterwäsche von HeatPerformance!
Seit kurzem liegt bei mir im Kleiderschrank die beheizte Unterwäsche von HeatPerformance. Hört sich zunächst komisch an, ist aber genau das. Lange Unterhose und Langarmshirt mit eingewebten Heizfäden und einem kleinen Akkupäckchen in einem Täschchen der Bekleidung. Die beheizten Zonen sind an den Knien, Hüfte und am Oberkörper in Höhe der Nieren/Bauch und Brust. Der Akku ist flach und wird am Ärml bzw. Hosenbund geschaltet. Es gibt drei Wärmestufen, auf der niedrigsten (immerhin noch 45 Grad!) soll der Akku 5 Stunden halten. Der Stoff selbst ist aus Polyester/Baumwolle/Elastan und fühlt sich sehr weich an.
Hier sind die Temperaturen bisher recht mild, sodass ich die Unterwäsche noch nicht „brauchte“, aber in den nächsten Wochen werde ich sie ausgiebig testen.
Die Unterwäsche lässt sich natürlich auch bei jeder anderen Aktivität draußen nutzen, vom Spazieren gehen bis zu winterlicher Gartenarbeit, ist der Einsatzbereich vermutlich sehr groß! Nur der Tipp mit „nix drunter“ gilt hier nicht. Eine bequeme Unterhose sollte es schon sein unter der beheizten Hose!
2. Lage – Das „Mittlere“
Bei der 2. Lage geht es darum möglichst funktionelle Kleidung zu wählen. Ich schätze eine warme Winter-Rad-Hose mit winddichter Vorderseite, egal ob grade Wind weht oder nicht. Die Hosen haben meist an der gesamten Oberschenkelvorderseite und den Schienbeinen eine winddichte Lage eingearbeitet ohne zu dick zu sein.
Hosen mit Trägern sind die bessere Wahl, da so die Möglichkeit besteht, eine möglichst hoch geschlossene Rückseite zu haben, die zusätzlich warm hält. Die Nieren sind die Zentrale für den Blutfluss, wenn die auskühlen wird es überall kalt.
Also: Nieren Warmhalten!
In Sachen Oberbekleidung lohnt sich die Investition in eine gute Jacke. Ich trage bei Temperaturen zwischen 8 und 0 Grad meist ein Unterhemd wie schon beschrieben und eine funktionelle Jacke oder Thermotrikot darüber.
Besonders wichtig für mich ist auch hier die Winddichte! Bei Jacken, die nicht winddicht sind, friere ich meist schnell, daher ziehe ich diese im Winter fast gar nicht mehr an. Je nach Temperatur geht auch die Kombination mit einem Langarmtrikot und einer Windjacke darüber.
Auch sogenannte Thermotrikots sind mir meist zu kalt, da sie oft nicht winddicht sind. Kürzlich habe ich für den Blog Cycling Claude das Potenza-Trikot von Castelli getestet. Ein feines Trikot für die Sprint-Trainingsrunde oder auf dem Cyclocross, wenn einem richtig warm wird.
Viele Jacken haben mittlerweile Belüftungsmöglichkeiten unter den Armen und an den Unterarmen, falls es doch mal zu warm wird. Ich schätze einen guten Halsabschluss und dichte Bündchen! Nichts ist nerviger, als kalte Luft am Bündchen! Da haben aber schon viele Jacken einen guten Abschluss am Arm, sodass es nicht „zieht“.
3. Lage – Der „Abschluss“
Als dritte Lage empfehle ich eigentlich nicht zu viel. Wenn es Regen geben könnte, sollte eine Regenjacke im Gepäck sein, viele der oben beschriebenen Jacken sind jedoch schon für etwas Regen ausgestattet, sodass eigentlich keine weitere Schicht nötig ist.
Zum Abschluss benötige ich immer einen Halswärmer, ein buff-Tuch oder ein anderes Microfaserschlauchtuch (gibt´s bestimmt nur auf Deutsch!). Eine Mütze ist natürlich selbstverständlich, sonst wird es obenrum recht frisch… Auch sehr praktisch für die frostige Ausfahrt ist eine Kombi aus Mütze und Halstuch, so eine Art „Skimütze/Sturmhaube“, dann kann der Nacken nicht frieren!
Und wenn es regnet?
Nunja, wenn nasses Wetter vorhergesagt ist, wird es interessant. Zunächst zum Nass von unten. Die sportliche Runde auf dem Crosser führt meist unweigerlich in das eine oder andere Matschloch, schnell spritzt es am Popo hoch und die Hose ist nass.
Unangenehm!
- Da hilft: Matschlöcher meiden (meist schwierig und bringt ja auch Spass im Matsch!
- Schutzblech ans Rad (geht, verklebt aber schnell mit Matsch und die Optik 😉 )
- Assaver (dies Plastikpappe am Sattel) (hilft, erschwert allerdings das Aufspringen am Crosser)
- Kurze Regenhose – Hä? regnet doch gar nicht und wenn doch werden doch die Schienbeine nass….
Ja, mag sein, dass die Schienbeine nass werden, aber eine kurze Regenhose schützt den Popo und nasse Sitzpolster sind im Winter echt doof (#Blasenentzündung). Die Hose verhindert das und angenehmer Nebeneffekt ist, dass die Oberschenkel auch ein wenig wärmer bleiben!
Quasi der Geheimtipp!
Sollte tatsächlich Regen angesagt sein, gehört die Regenhose im Gepäck sein. Die hält nicht nur warm, sondern schützt auch vor kaltem Regen. Natürlich schwitzt man darunter. Also versuche ich die immer nur dann anzuziehen wenn es wirklich regnet und dann zügig wieder aus oder man lässt sie die ganze Fahrt an. Sie erst auszuziehen wenn die Radhose nassgeschwitzt ist, sollte vermieden werden!
Für den Oberkörper bietet sich eine Regenjacke an. Hier gilt gleiches wie für die Hose. Darunter staut sich die Feuchtigkeit, einmal angezogen, besser an lassen. Ob die Jacke mit Kapuze oder ohne ist, ist Geschmackssache, die Kapuze verhindert auf jeden Fall, dass das Wasser in den Nacken läuft. Aber wenn es so lange regnet, dass das passieren würde: vielleicht doch über einen Kuchenstop nachdenken!
Sensible Punkte – Hände, Füße und der Popo.
Ich friere meist ausschließlich an den folgenden Punkten:
- HÄNDE
- FÜSSE
- POPO!
Für die Hände haben sich wind- und wasserdichte Handschuhe bewährt. Dabei gibt es die klassischen Fingerhandschuhe, oder aber auch als Fäustlinge, da bleiben die Hände wesentlich wärmer. Oder aber in der Zwitter-Variante mit einem Fach für Zeigefinger und Mittelfinger und einem für Ringfinger und kleinem Finger, so sieht man zwar aus wie Mr. Crabs aus Futurama, dafür bleiben die Hänge warm.
Wichtig ist, die Handschuhe nicht zu klein zu wählen,
denn zum einen würde dann die Blutzufuhr in die Finger erschwert (–> Kalte Finger) und da Luft der beste Isolator ist, kommt ein bisschen extra Luft im Handschuh besonders gut!
Wahlweise kann man unter die Handschuhe noch dünne Layer-Handschuhe drunter ziehen, welche aus Seide haben sich da bei mir bewährt. Die sehen quasi wie Einmalhandschuhe, halten aber durch die zusätzliche Luftschicht warm!
Und falls das alles nicht hilft, habe ich kürzlich die beste Erfindung gefunden: Ein Handschuhüberzieher mit 2 Fächern für Zeige- und Mittelfinger und Ring- und kleiner Finger. Sehr dünn, wind- und wasserdicht. Ein bisschen wie geformte Plastiktüte, aber hilft super über jedem Handschuh. Auch als Notlösung wenn der Handschuh schon nass geworden ist.
Beheizte Handschuhe – die Lösung für alle Frierenden?
Wie schon oben berichtet, liegt hier neben der beheizten Unterwäsche auch ein Paar beheizte Handschuhe von HeatPerformance bereit. Die Handschuhe verfügen ebenfalls über ein kleines Akkupäckchen am Handgelenk und einen gut erreichbaren An-/Ausschalter. Die Handschuhe selbst sind wind- und wasserdicht, die Heizfäden verlaufen an den Fingerspitzen und Handrücken. Sie werden super schnell warm und sind selbst auf der niedrigsten Stufe noch richtig warm! Der Akuu soll auf der niedrigsten Stufe (immerhin noch 45 Grad!) bis zu 7 Stunden halten.
Die Fingerspitzen von Daumen und Zeigefinger sind touchscreenfähig und die Bedienung von Smartphone, Radcomputer etc. funktioniert einwandfrei!
Sobald ich die Handschuhe einige Stunden auf dem Rad anhatte, folgt hier ein Testupdate! Offbike sind sie Handschuhe jetzt schon mein absoluter Favorit. Beispielsweise nach Wassersport oder Gartenarbeit mit kalten Fingern in die Handschuhe, angeschaltet und nach wenigen Minuten sind die Finger wieder ZACK warm!
Problemzone: FÜßE
Für die Füße wird es etwas komplizierter. Dicke Socken gehen zwar auch, aber irgendwann ist aufgrund der Schuhgröße ja Schluss, sonst wird es im Schuh etwas eng. Wichtig ist zunächst etwaige Belüftungslöcher zuzukleben, sonst zieht es immer im Schuh. Oder man wählt gleich den Winter-Rad-Schuh. Die Winter-Radschuhe sind oft wasserdicht und winddicht. Wer viel im Winter draußen fährt, sollte auf jeden Fall ein Paar im Schrank stehen haben!
Falls es doch kein Winterschuh ist:
Über den Schuh ziehe ich winddichte Überschuhe, die halten meine Füße meist ganz gut warm! Natürlich kann man auch beheizbare Einlegesohlen oder Einmal-Wärmepads verwenden. Experimente wie Alufolie im Schuh (zerbröselt in Alukrümel) oder Plastiktüte im Schuh (#Schwitzzelt) habe ich auch ausprobiert, funktioniert für mich nicht.
Wenn die Füße dennoch kalt bleiben, lohnt sich ein Check-up beim Bikefitter des Vertrauens, denn oft gibt es einen Grund, dass die Füße kalt werden.
Frost-Popo?
Last-but not least und mein Geheimtipp für den kalten Popo ist ein Angora-Nierenwärmer! Den ziehe ich bei niedrigen Temperaturen über meine Hose und unter die Jacke, sodass die Muskeln und der Rücken gut warm bleiben! Wichtig im Winter ist vor allem, dass die Nieren warm bleiben, die liegen ca. oberhalb der Lendenwirbelsäule, da die Nieren das Heizwerk des Körpers sind!
Andernfalls: Siehe oben: Regenhose!
Sodenn, warm anziehen und ab auf´s Rad!
Für mich hat sich im Winter der Crosser bewährt, da die Touren intensiver sind, nicht so lang sein müssen und es großen Spaß macht das nächste Matschloch zu suchen! Du bist auf der Suche nach einem Cyclocrossrad? Hier gibt´s meinen Testbericht des Specialized Crux.
Ein warmes Getränk in einer isolierten Flasche tut Übriges!