2/3 Doppelbrocken. Hamburg-Brocken und Retour?

Kurze Pause auf dem Weg zum Brocken
Nur kurz den Kopf mal ablegen und durchatmen

Der Titel verrät es ja bereits, ich bin zum zweiten Mal von Hamburg in den Harz und dann auf den Brocken gefahren. Und eigentlich wollte ich auch wieder nach Hamburg fahren, aber …

Ein Blog über Abkürzungen, Alternativen und die Kernkompetenz für die Langstrecke mit dem Rennrad.

Volume II – Was soll denn Doppelbrocken sein?

Nunja, Doppelbrocken ist eigentlich eine Fahrt von Hamburg in den Harz, dann auf den Brocken, dann wieder runter, dann übernachten, dann nochmal auf den Brocken und dann wieder nach Hamburg. Hört sich anstregend an? Ist es auch. Nachdem ich lange (Jahre!) eine Rechnung mit dem Brocken offen hatte, weil ich nicht hochgefahren bin, besiegte ich den Brocken letztes Jahr bei genau dieser Tour. Und weil die Tour so schön war und der Ausblick vom Brocken so nett, gibt´s dieses Jahr eine erneute Auflage. Allerdings erneut mit „nur“ einer Fahrt auf den Brocken.

Sonne und Kühe säumen den Rückweg
Auf dem Rückweg gabs Sonne und Kühe

Hin ist ja easy, geht ja bergab.

Denkste… Der Hinweg geht auf der schönsten Strecke aus der Stadt raus und über´s Neuland nach Meckelfeld. Wir waren um 6 Uhr am Alten Elbtunnel gestartet und rollten aus der schlafenden Stadt raus. Rehe hier, Hasen da, die Natur wachte auch grade auf und so fühlte ich mich auch. Noch etwas verschlafen, aber motiviert einen Tag Rad zu fahren. Wir spulten die Kilometer gut weg, kurbelten die Hügel der Lüneburger Heide ebenfalls gut hoch und hatten noch vor 11 Uhr die ersten 100km fertig. In Unterlüß suchten wir einen Bäcker und landeten in einer klassichen Dorf-Bäckerei.

Belegte Brötchen wurden frisch geschmiert und die (äußerst nervige) Klingel verkündete alle 30 Sekunden neue Kundschaft, die Kuchen fürs Wochenende abholten. Wir schlürften einen Kaffee und ich gönnte mir noch eine (sehr!!!) lecker und fluffige Rumkugel mit echtem Rum! Es lief. Wir rollten weiter durch die endlosen Wälder der Südheide und aus dem Augenwinkel sehe ich auf einem Forstweg eine riesige Hirschkuh stehen! Die war so groß, dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich nicht doch zu viele Rumkugeln hatte…

Döner macht schöner?

Da die ersten 100km zügig fertig waren, waren wir pünktlich zum Mittag in Gifhorn. Die Häfte unserer 4er Gruppe wollte weiter, Martin und ich entschieden uns für einen Mittagstopp beim Dönermann und verputzen Falafel und ein alkoholfreies Weizen (ich hatte ja schon die Rumkugel ;.)). Schlauer als letztes Jahr quälte ich meinen Magen nicht mit Dönerbox und Pommes und so fiel mir der Start nach der Pause nicht so schwer. Nun ging es Richtung Harz!

Hügel? Kommen noch genug.

Am Horizont konnten wir schon den einen oder anderen ordentlichen Hügel sehen und allmählich rückte der Harz in Sichtweite. Es wurde also spannend! Das Wetter war uns bisher eher wohlgestimmt. Zwar war es kalt, aber trocken und da wir gut Tempo machten, wurde mir nicht kalt. Ein bisschen Sonne wäre natürlich schön, aber trocken ist auch gut!

Wir rollten bis nach Vienenburg und von hier erinnerte ich mich, dass es nun entweder bergauf oder bergab ging. Ein letzter Stop vorm Harz bei einer Tankstelle und Cola powerte meine Beine an. Es ging hinauf zur Okertalsperre. Irgendwas zwischen 4 und 7,5% Steigung kosten ein paar Körner, sind aber eine gute Aufwärmrunde für das, was noch kommen sollte.

Viele Wege führen zum Brocken, einer durch Sachsen-Anhalt
Mit dem Rennrad gehts zurück vom Brocken durch Sachsen-Anhalt

Kalbetal – I´m walking…

Wer bis hierher dachte, dass das mühsamste Stück der Strecke auf den Brocken die Brockenstraße ist, wird hier nun enttäuscht, denn das Kalbetal zieht richtig Kraft! Hinter der Okertalsperre geht es zunächst eben weiter bis es links ins Kalbetal geht. Ein toll asphaltierter Wanderweg, keine Autos, rechts ein kleiner plätschernder Bach. Sehr idyllisch. Wenn da nur auf den 4 Kilometern nicht diese Steigung wäre. Teilweise zweistellig und die letzte Kurve zur B4 rum hat sicherlich 15-16%. Da musste ich mal ein paar Meter gehen. Dann ging´s wieder. B4 hoch nervt zwar nochmal, zur Belohnung konnte ich dann jedoch shcon zum Brocken rüber gucken!

Und die ganzen schönen Höhenmeter wieder runter.

Dumm nur, dass zwischen mir und dem Brocken ein Tal liegt und ich erst nach Braunlage wieder runter musste. 300 Höhenmeter ging´s also wieder runter…

Kurze Pause auf dem Weg zum Brocken
Nur kurz den Kopf mal ablegen und durchatmen

Das Elend kündigt sich schon vor dem Brocken an

Wer den Harz kennt, weiß, dass es auf den Brocken über Elend geht. Und so ist es da auch. Schon mal schön bergauf. Bis die Beine elend sind und dann geht´s in Schierke auf die Brockenstraße. Mir dämmerte, dass es nun nur noch bergauf ging. Immer weiter. Zwischen all den toten Fichten lang, die die Landschaft etwas unwirklich ausehen lassen, ließen wir die letzte Gruppe Wanderer hinter uns und schielten zum Gipfel mit der Rakete drauf. Es ging weiter bergauf.

Oben ist schon geschlossen!

So kommentierte die letzte Wanderergruppe unsere Auffahrt. Ahja, ich verstand den Satz gar nicht. Ob da oben zu oder offen war, war mir doch egal, ich hatte ja warme Klamotten und ne Dauerwurst dabei. Für die meisten am Brocken war das wohl wichtig, dass oben offen war. Nungut… Draußen nur Kännchen oder wie?!

Kernkompetenz?

Ich grübelte lieber darüber, welche Eigenschaft für Langstrecke mit dem Rennrad und hier gerade auf den Brocken nun die wichtigste wäre. Ohne etwas Power in den Beinen ging es wohl nicht, aber die Power entschied letztlich nur darüber wie lange der Weg nach oben dauerte. Ehrgeiz, Durchsetzungsvermögen und dergleichen erschienen mir zu viel des guten und zu viel mit Druck in Verbindung zu sein. Ich hatte keinen Druck nach oben zu müssen/wollen oder wie auch immer.

Nationalpark im Harz
Brockenstraße mit Ausblick auf den Nationalpark

Geduld!

Ich kam zu dem Schluss, dass Geduld eine der Eigenschaften waren, die es hier und jetzt gerade am meisten brauchte. Der Weg nach oben dauerte eben. Noch eine Kurve, und noch einmal über die Bahnschienen, hier nochmal lang und dort nochmal rum. Die Straße auf den Brocken hat knapp 9 km und die dauern eben ein wenig wenn frau nicht die Über-Physis hat. Und so übte ich mich in Geduld. Sitzen, kurbeln, schalten, aufstehen, schalten, sitzen… Ein Ryhthmus stellte sich ein und die Kilometer wurden allmählich weniger. Der Gipfel kam näher.

Kurz den Kopf ablegen

Erstaunlich ist die Fähigkeit des Körpers sich zu regenerieren. Kaum hielt ich an, legte meinen Kopf kurz auf den Lenker, aß einen Riegel oder atmete kurz durch, ging es doch gleich besser weiter.
Und dann kam die letzte Kurve, nochmal hoch zur Bahnstation und dann war ich am Brocken! Der Ausblick belohnte mit einem lila Horizont und Sicht in alle Richtungen.

Mit Geduld auf den Brocken
Mit dem Rennrad auf den Brocken braucht ein wenig Geduld

Alles an – runter vom Brocken!

Der zugige Wind vertrieb uns aber schnell vom Brocken, fix ein Foto gemacht und schon kauerten wir uns hinter den Stein in den Windschatten um uns buchstäblich alles anzuziehen! Ich entschied mich für: Regenhose (über 3/4 Winterhose), Softshelltrikotjackendingens, Regenjacke darüber, Regenüberziehhandschuhe (über den dünnen Langfingerhandschuhen) und ab ging die Post.

Schön die 9 Kilometer runter nach Schierke. Ab und an die Arme und Beine bewegen, sonst frieren die ein und genießen!

Wir rollten durch bis zum Chinesen und ich freute mich sehr über alles, was ich an hatte. Es folgte das nötigste: warmer Tee, leckeres Essen, zügige Abfahrt ins Hotel und warme Dusche gefolgt von gemütlichem Bett im Kräuterhof in Drei Annen Hohne.

Das folgende Drittel

Eine zweite Runde auf den Brocken brauchte ich nicht, und so rollten wir frisch gestärkt vom Frühstück nach Wernigerode. Herrlichste Abfahrt! Schöööön bergab. In Wernigerode hatten wir einen guten 40er Schnitt auf dem Tacho ;-).

Es rollte gut, aber meine Beine waren müde. Zwar fand ich ein gutes Tempo aber mir vergingen die Kilometer nicht schnell genug. Nochmal über den Elm (fies!!!) und dann nach Königslutter. Dort gönnten wir uns einen Kaffee und eine kurze Pause. Zügig wollten wir weiter, war es doch noch ein ganzes Stück!

Und das Stück zog sich wie Kaugummi. Kurz bevor wir wieder nach Niedersachsen reinfuhren, wurde unsere Fahrt von einer Baustelle unterbrochen, die uns zu einer kleineren Wandertour zwang. Keine Straße. Länger. Durch den halben Ort nicht… Aber auch diese Meter schaften wir.

Die Sonne wärmte uns immerhin mehr als gestern, dafür hatten wir konstant ordentlichen Wind von West/Nordwest, der mich Nerven kostete. Rauschte er doch so an den Ohren, dass eine Unterhaltung kaum möglich war… Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir in Gifhorn an und stärkten uns mit Pizza! Die tat gut!

Brockentour mit dem Rennrad
Kurze Pause im Nationalpark Brocken mit dem Rennrad

Und wir fassten den Entschluss, dass wir nicht mehr bis nach Hamburg fahren wollten. Kürzester Weg Heim: Abbiegen nach Celle und rein in die Bahn.

Es muss nicht immer alles sein.

Kräftiger Regen begrüßte uns in Hamburg und ich war froh, dass wir mit der Bahn gefahren sind!

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